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Geplantes Kalserbach-Kraftwerk fällt beim Landes-Gutachten durch

 

Die Einwände gegen das geplante Kraftwerk Haslach-Kalserbach durch den Verein Erholungslandschaft Osttirol und des WWF zeigten Wirkung: Das naturkundefachliche Amtsgutachten des Landes Tirol stellt ein vernichtendes Zeugnis für das Kraftwerk aus. Den Presseartikel der Tiroler Tageszeitung können Sie hier nachlesen:

Tiroler Tageszeitung, 11.08.2021 (S. 4)

Gutachten stellt strittiges Kraftwerk ins Abseits

Naturkunde-Expertise im Rahmen des Bewilligungsverfahrens attestiert Projekt Haslach am Kalserbach erhebliche Natura-2000-Beeinträchtigung.

Kals a. Gr., Innsbruck - Dieses Gutachten dürfte Wasser auf die Mühlen von Landesumweltanwaltschaft (LUA), WWF oder auch dem Verein Erholungslandschaft Osttirol (VEO) sein, zugleich aber auch neue Hoffnung wecken: Seit vielen Jahren warnen sie vor dem in Osttirol von der Gemeinde Kals am Großglockner geplanten Wasserkraftwerk Haslach am Kalserbach, die TT berichtete mehrfach. Nunmehr liegt im Rahmen der laufenden Naturverträglichkeitsprüfung im Amt der Tiroler Landesregierung eine Expertise über die Zusammenhänge und Folgewirkungen des Vorhabens im (teilweise) ausgewiesenen Natura-2000-Gebiet vor. Es ist dies mit dem behördlicherseits angeforderten naturkundefachlichen Gutachten wohl das zentralste und gewichtigste im Verfahrensablauf. Und es stellt -wie von den Kritikern stets angeprangert -dem Kraftwerk kein gutes Zeugnis aus.

Generell kommt das Gutachten zu dem Schluss, dass "bei Umsetzung des KW Haslach eine konkrete und erhebliche Beeinträchtigung des Natura-2000-Gebietes und seines Erhaltungszieles [...] gegeben ist". Letzteres wäre -gemäß Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH) - der Erhalt des Lebensraums "Alpine Flüsse mit Ufergehölzen". Dort gedeiht die unter strengem Schutz stehende "Deutsche Tamariske", die tirolweit bereits Bekanntheit erlangt hat. Weiters sei sogar "mittel-bis langfristig auch von einer Abwertung des Erhaltungsgrades auszugehen". Insbesondere innerhalb der geplanten Projektstrecke des Kraftwerks Haslach kämen Habitatflächen der Deutschen Tamariske "sehr ausgedehnt und fast durchgehend vor", heißt es in dem Gutachten.

Das Kleinkraftwerk mit einer eingereichten Leistung von 7,96 Megawatt soll das Wasser des Kalserbaches fassen und bis zu 90 Prozent auf einer Strecke von rund vier Kilometer ausleiten. Diese Strecke liegt just zwischen den vom Land ausgewiesenen Natura-2000-Teilgebieten am Kalserbach und der Isel. Jedoch würde der Rückstaubereich des Kraftwerks noch gut 40 Meter in das Natura-2000-Gebiet Kalserbach hineinreichen.

Aufgrund der eingereichten Projektunterlagen schließt das Gutachten, dass u. a. "Flächen im Natura-2000-Gebiet direkt verloren gehen (Rückstaubereich)", der Sameneintrag ins Schutzgebiet reduziert würde und die "Funktion der Metapopulation der Deutschen Tamariske in Osttirol und damit auch im Natura-2000-Gebiet nicht mehr als langfristig gesichert angesehen werden kann". Die projektwerberseitig vorgebrachten "Abschwächungsmaßnahmen" seien bereits berücksichtigt. Diese Belastungen würden aber klar der allgemeinen FFH-Richtlinie widersprechen, einen "günstigen Erhaltungszustand der natürlichen Lebensräume und wildlebenden Tier-und Pflanzenarten von gemeinschaftlichen Interessen zu bewahren oder wiederherzustellen".

Dieses nun vorliegende, klar negative Gutachten dürfte Kennern der Materie zufolge wohl das endgültige Aus für die umstrittenen Kraftwerkspläne bedeuten, sofern die Behörde die fachlichen Schlussfolgerungen für stichhaltig befindet. Behördlicherseits ist das Genehmigungsverfahren formell nämlich damit noch nicht entschieden. Vielmehr sind WWF, LUA und Co aufgefordert, binnen zweier Monate hierzu eine Stellungnahme abzugeben. Die Gemeinde ihrerseits wird von der Abteilung Umweltschutz gleichzeitig aufgefordert, Unterlagen hinsichtlich möglicher Alternativen (einschließlich einer "Null-Variante") gemäß Tiroler Naturschutzgesetz vorzulegen.

Politisch hat das Kraftwerk ohnedies im Land keinen Rückhalt mehr. Wie berichtet, hat LHStv. Josef Geisler (VP) erst im April bestätigt, dass das Land der Gemeinde Kals empfohlen habe, die Pläne nicht länger weiterzuverfolgen. Eine Weisung schloss Geisler aus. Schon im Juli 2010 hatte die Gemeinde um die wasserrechtliche Genehmigung angesucht, im Juni 2020 folgte letztlich ein Bewilligungsansuchen bei der zuständigen Naturschutzbehörde.